Als mein Wecker heute morgen klingelte, war es dunkel, windig, kalt, es regnete und ich war ziemlich verpennt – brrrrr … viel wird draußen nicht los sein, bei dem Wetter. Meine Motivation sank erheblich und ich drückte noch zwei Mal auf schlummern … letztlich fand ich ein Frühstück im Wald trotzdem verlockender als unserem winzigen Garten unter dem Dach des Fahrradschuppens. Also raus, heißen Tee in die Thermoskanne, ayurvedischen Hirsebrei in den Thermo-Mug, Rucksack geschnappt, Regenklamotten an und los … direkt vor der Haustür hatte ich sofort das Gefühl von Urlaub.
Bei Sonnenaufgang um 8:00 war ich auf meinem Platz. Es pieselte so leise vor sich hin, war ansonsten ziemlich still und ich hatte einen Riesenhunger: Frühstück!
Seit Anfang September bin ich so 1-3 Mal die Woche an diesem Platz gewesen, mal kurz und ab und an auch mal ein paar Stunden. Ich habe dort nachgedacht, Tee getrunken, den Platz kennengelernt, mal hier und mal dort gesessen, gelauscht, den sonnigen Herbstbeginn genossen und Vögel und Eichörnchen mit dem Fernglas beobachtet. Heute morgen hatte ich eine dicke Birke zum Anlehnen im Rücken, den feuchten Herbstduft in der Nase, unter meinem Cape wurde es angenehm warm und der Regen tröpfelte sachte auf meine Kapuze. Ich war pappsatt und nickte für einen Moment ein.
Als ich wieder aufwachte, war irgend etwas anders. Erst wusste ich gar nicht was, doch dann hörte ich über mir, hoch oben in meiner Birke und in den Bäumen drumherum, leisen Gesang von einem ganzen Schwarm kleiner Vögel. Und da war noch mehr. Ein paar Kohlmeisen saßen in den Sträuchern um mich herum und immer wieder flog eine ganz nah an mir vorbei. Ein Test, ob ich wirklich harmlos bin? Ich war wieder hellwach und beobachtete aufmerksam und immer noch entspannt, ohne mich zu bewegen, was hier um mich herum geschah. Die winzigen Vögel kamen bis auf zwei Meter herunter. Um mich herum eine Wolke aus entspanntem Gezwitscher und ein Gefühl, als ob die Welt für einen Moment still steht.
Ich rührte mich nicht. Ein Eichhörnchen kam dazu. Kein Fernglas mehr nötig – ich konnte die einzelnen Haare der Ohrpinsel erkennen und das Muskelspiel unter dem Fell beobachten. Mehrfach rutschte es fast bäuchlings mit den Wangen kurz an den am Boden liegenden, bemoosten Ästen entlang. Es kam bis auf einen Meter heran. Ob es mich als Mensch erkannte? Als anderes Lebewesen mit Sicherheit – es stutzte kurz, sah mich eine Weile an und lief dann ohne Keckern oder Schwanzzucken in einen Bogen von ein paar Metern um mich herum in den Wald hinter mir … um kurz darauf, mit einer Eichel im Maul, direkt neben mir vorbei laufend wieder in mein Blickfeld zurückzukehren. Als es erneut im Wald verschwand, nahm ich leise meinen Rucksack und machte mich auf den Rückweg. Um 10:00 war ich wieder zu Hause, dankbar für diesen wunderbaren Tagesanfang und bereit für den Schreibtisch.
Die Kohlmeisen, das Eichhörnchen und auch alle anderen Waldbewohner haben mich die letzen Wochen aus sicherer Entfernung genau beobachtet. Mein Platz hat mich ebenfalls kennengelernt und er spiegelt mir meine Stimmung – bin ich innerlich unruhig oder hektisch, bleiben solche Erlebnisse aus.